Wem vertrauen wir unsere Daten an?

Ohne Internet geht heute nicht mehr viel. Mehr noch: wir sind in so vielem was wir tun und wie wir es tun, vom Internet und den damit verbundenen Anbietern abhängig. Seit der covid-Krise noch mehr als vorher. Es ist jedoch erstaunlich, wie sehr wir freiheitsliebende Menschen, die sich für unabhängig halten, wirklich abhängig machen lassen, ohne mit der Wimper zu zucken und ohne zu fragen, welche Produkte und Angebote vertretbar sind und was wir durch sie fördern. Als hätten wir keine andere Wahl. – Doch es gibt Alternativen zu Google, ZOOM, WhatsApp, usw.

Die covid-19 Krise bringt vieles ans Licht, was in unserer Gesellschaft schräg, ungerecht, undemokratisch, menschenfeindlich, umweltzerstörend und/oder klimaschädlich ist. Haben wir dem schleichenden Abbau des Sozialstaates und seines Gesundheitswesens mehr oder weniger entgeistert und ohnmächtig zugeschaut, so haben wir uns gleichzeitig quasi blindlings in die Obhut der überaus geschickten und nicht weniger gierigen Hände einiger grossen Technologiefirmen begeben. Sie reissen alles an sich, worauf es jetzt wirklich ankommt: sie kontrollieren bzw. manipulieren die Kommunikation von milliarden Menschen, nehmen Einfluss auf Wahlen und andere demokratische Prozesse in x Ländern und bezahlen trotz vielen Milliarden Umsatz keine Steuern. Dass sie auf Schritt und Tritt unsere Spuren und Worte festhalten, um uns dann gezielt mit Werbung zu überschütten (und dafür bezahlt werden), das hat den meisten von uns bisher offenbar wenig Sorgen bereitet.

Seit dem Ausbruch der covid-Krise sind wir noch stärker aufs Internet und die dazu erforderlichen Werkzeuge angewiesen. Denn wie sonst sollen wir bei sozialer Distanz und Versammlungsverbot miteinander in Verbindung bleiben? Sind wir der Technokratie einfach ausgeliefert, vor welcher der Ethiker Jacques Ellul bereits vor 60 Jahren gewarnt hat, also als meine Generation noch in den Kinderschuhen steckte?

Es gilt heute, klarere Position zu beziehen: Nein, wir brauchen nicht völlig von den Technologieriesen abhängig zu sein. Und nein, wir müssen ihnen unsere Daten und Bewegungen nicht unbeschaut überlassen. Allerdings liegt es an uns, ob und inwiefern wir abhängig sind, und was wir preisgeben wollen. Es ist nicht komplizierter als einfach WhatsApp oder Zoom zu wählen, grad weil man davon gehört hat und ohne nachzufragen annimmt, es sei die naheliegendste oder die einzige Möglichkeit.

Warum eigentlich greifen wir mit Apps für’s Handy oder für den Computer einfach unbeschaut auf die erst besten Angebote? Warum sollten Familienmitglieder in der ganzen Welt alle die gleiche App benutzen um einander Hallo zu sagen? Da verdienen sich ein paar wenige dumm und dämlich, abgesehen davon, dass die grossen Vermarkter damit auch wissen, wer was kaufen wird und was ihre Gewohnheiten sind. Das ist aufs äusserste undemokratisch, ungerecht und gefährlich.

Die frühen Täufer haben sich vehement gegen jedes Machtmonopol verwahrt. Sie begründeten es biblisch und theologisch, doch sie wussten intuitiv, dass absolute Macht der Menschlichkeit und dem Gemeinwohl abträglich ist. Damals war es das Monopol des Kirchenstaates. Heute haben weder Kirche noch Staat soviel Macht wie die Techriesen à la Facebook und Google.

Zwischen den Internetriesen und der Waffenindustrie, bzw. den westlichen Verteidigungsministerien, besteht seit langem eine enge aber kaum beleuchtete Zusammenarbeit.

Im April 2016, also vor 4 Jahren, erschien in Le Monde Diplomatique ein Artikel Silicon Army. Der Autor Thibaut Henneton fragt, ob Google, Apple, Amazon usw, als Waffen betrachtet werden sollten. Er kommt zu folgendem Schluss: Nein, da ihr Einsatz an sich nicht tödlich ist. Ja, wenn man bedenkt, dass die persönlichen Daten, die sie bearbeiten, nach entsprechender Prüfung dazu führen können, dass Personen bezeichnet werden, welche abgeschossen werden sollen. Das Fazit weckt in mir den dringlichen Wunsch, meine Abhängigkeit von den GAFAM soweit möglich zu reduzieren und ihnen vor allem nicht mein Geld und meine Daten zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassend lässen sich mehrere Gründe darlegen, welche dagegen sprechen, dass wir mainstream Apps und Kanäle benutzen:

  1. Sie sammeln und horten unsere Daten und beuten sie aus, zu unserem eigenen Schaden oder zum Schaden anderer.
  2. Sie unterlaufen demokratische Prozesse, d.h. sie missbrauchen die freie Meinungsäusserung und manipulieren die öffentliche Meinung.
  3. Sie entziehen sich fast ganz der demokratischen Kontrolle, z.B. wenn Facebook sich weigert, fake news zu löschen.
  4. Sie verdienen Milliarden mit Werbung und andern dubiosen Geschäften, aber sie bezahlen kaum Steuern.
  5. Sie sind dicht verknüpft mit den interessen des militärisch-industriellen Komplexes, welcher nicht nur hoch korrupt und eine Gefahr ist für den Weltfrieden, sondern auch Inegalität, Umweltzerstörung, Waffenhandel und hegemonische Interessen begünstigt, mit all den verheerenden globalen Folgen, die wir zur Genüge kennen.

Wir werden uns grossenteils einig sein: Internet und Computer, wie auch soziale Medien, aus unserem Leben und aus unseren Stuben (oder Kapellen) verbannen, ist kaum möglich und sinnvoll. Wohl aber können wir aufmerksam sein und alternative Werkzeuge finden. Es gibt sie nämlich. Wir können uns auch jenen anschliessen, die lokale, oft kooperative und durchaus vertrauenswürdige Kommunikations- und Internetwerkzeuge anbieten. Vielleicht kostet das hin und wieder ein paar Franken, doch das ist kein Problem wenn wir daran denken, was wir z.B. für Versicherungen ausgeben. Übrigens vergleichen wir bei andern Produkten auch. Sich ein bisschen schlau machen ist sinnvoll.

Hier einige Alternativen. Die Liste ist unvollständig und kann leicht ergänzt werden. Framalibre z.B. bietet eine ganze Palette von Software an.

Chat : WhatsApp Alternativen im Vergleich oder Die besten Alternativen zu WhatsApp

Telekonferenz: Alternative zu ZOOM, Skype: Jitsi

Umfrage: Alternative zu Doodle: Framadate

Video/Film: Alternative zu YouTube: Vimeo

Speichern/Teilen von Dateien: z.B. für Vereine, Gemeinden. Alternativen zu Google: Lokale Server wie Hoststar bieten ihren Abonnenten ohne zusätzliche Kosten eine Cloud. Swisscom mycloud ist für Kunden gratis.

Schliesslich ist nicht zu vergessen, dass der Datentransfer viel mehr Energie braucht als allgemein bewusst ist. So soll nach einigen Quellen das Streaming von Filmen während 4 Stunden soviel CO2 produzieren wie ein Transatlantik-Flug. Ein Grund mehr also, unsere Bilder und Daten lokal abzuspeichern!