I can’t breathe

Zwei Sätze prägen die unmittelbare Zeit nach der Covid-19 Krise: “Black Lives Matter” und “I can’t breathe”. Die Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA löst in dieser post-covid-Zeit einen unausweichlichen Rassismustest aus für unsere Gesellschaft und für die Kirchen. Natürlich denken fast alle “Ich bin kein Rassist”. Doch Rassismus hat unsere Institutionen, von der Polizei bis in die Kirchen durchsetzt, er beansprucht sozusagen ein Gewohnheitsrecht. Deshalb fällt er oft nicht auf. Doch die Tötung von George Floyd durch Polizeigewalt brachte das Fass zum Überlaufen. Die Strassen und Plätze werden sich nicht leeren bevor nicht nur die verantwortlichen Polizisten zur Rechenschaft gezogen sind, sondern auch das System grundlegende Korrekturen erfahren hat. Da stimmt die Nachricht vom 8. Juni zuversichtlich: Das Polizeidepartement in Minneapolis soll zerlegt werden. Die New Yorker Polizei braucht in einem Jahr mehr Gelder als das stätdische Gesundheits- und Bildungswesen zusammen. Das soll sich ändern.

Wir wissen es vom Apartheid in Südafrika: Systemischer Rassismus braucht einen riesigen und weitgehend in sich geschlossenen Polizeiapparat, der mit grösster Härte vorgeht. Das war auch so zu Zeiten der Sklaverei.

Die Januar-Ausgabe der Ecumenical Review war dem Thema “Global Manifstations of Racism Today” gewidmet. Fernando Enns schrieb im Editorial: “Wir fangen erst an, die Grundlagen des Rassismus zu entdecken, auch innerhalb der ökumenischen Bewegung.” Der ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hatte in den 70er und 80er Jahren mit grosser Energie mit seinem Anti-Rassismus-Programm dem Apartheid System in Südafrika entgegen gesetzt. Er handelte sich damit schärfste Kritik von seiten vieler Christen und Kirchen ein, vor allem in den Ländern, die mit Südafrika gute Geschäfte machten. Darunter waren die USA und auch die Schweiz, deren Schützenhilfe für das Regime in Südafrika heute belegt, ist.

Das Geschäftsmodell des Westens ist unter anderm auf Rassismus aufgebaut: Sklaverei, Kolonialismus. Der Kapitalismus atmet Rassimus, er ist heute eine seiner Stützen. Das zeigten bereits die Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegungen des 20. Jahrhunderts und die Art und Weise, wie sie bekämpft wurden.

Die grossen und weitestgehend friedlich-kreativen Demos stellen die gewaltsame Strategie von Trupm & Co bloss. Die ökumenischen Kirchen der USA und eine zunehmende Zahl von Evangelikalen, welche bisher die sicherste Wählerbasis von Trump sind – mit Waffenliebhabern und Rechtsextremen – bekennen sich zur Bewegung Black Lives Matter und wenden sich von Trump ab. Das heisst nicht, dass man den Rechtsexremismus nun als geschlagen betrachten kann. Im Gegenteil, er wird sich aufbäumen. Seine Anhängerschaft ist nicht zu unterschätzen. Doch es sieht wirklich nach einem möglichen Neuaufbruch aus, welcher langfristige und nachhaltige Wirkungen haben wird. Die Kraft von Ostern und Pfingsten vereint verjagt die Mächte der Gewalt und des Unrechts. Es ertönt von weitem das Magnificat der Maria.