Wer nicht Pazifist ist…

...wird immer eine Lehre des gerechten Kriegs entwickeln. – Jürgen Moltmann †3.6.2024

Der Tod des 1926 geborenen Theologen Jürgen Moltmann hat weltweites Echo ausgelöst. Moltmann hat mindestens zwei Generationen auf allen Kontinenten beeindruckt und geprägt. Seine Theologie der Hoffnung ist auch heute topaktuell, wo die Desillusionen querbeet abgrundtief sind. Kaum ein Theologe der 20. Jahrhunderts hat ein so weites Spektrum von Menschen angesprochen. Jürgen Moltmann war ein scharfer Denker, ein aufrichtiger Intellektueller und ein überaus zugänglicher Mensch.

Ich hatte das Glück, mit Jürgen Moltmann 2019 an einer Tagung im Kloster Bose zu sein. Es ging um Theologie der Freiheit und Moltmann hielt das Hauptreferat. Er war 93 und ich war bar erstaunt über die Schärfe seines Geistes und die Pertinenz seiner Gedanken, obwohl ihm das Reden nicht ganz leicht fiel. Moltmann zitierte den russischen Anarchisten Michael Bakunin: „Wenn Gott exisitert, dann ist der Mensch ein Sklave; doch der Mensch kann uns muss frei sein, deshalb existiert Gott nicht.“ Doch der biblische Gott, so Moltmann, offenbart sich als Befreier aus der Sklaverei. Die christliche Gotteserfahrung ist die: „Wo der Geist ist, da ist Freiheit“. Laut Hannah Arendt, so Moltmann, ist die menschliche Freiheit in Gott „die Freiheit, zu beginnen“. Freiheit gibt es in menschlichen Beziehungen: entweder Herrschaft oder Gemeinschaft. Ersteres bedeutet Ich und Objekte. Letzteres bedeutet Ich und Du, Gemeinschaft von Menschen. Da bedeutet Freiheit Solidarität und Freundschaft/Gastfreundschaft. Dann gibt es noch eine dritte Dimension: Freiheit als kreative Erwartung. Wir verwandeln unsere Gegenwart in einen Bereich von Möglichkeiten für die Zukunft.

Ob der vielen Nachrufe für Jürgen Moltmann in den vergangenen Tagen erinnere ich mich an diese ermutigende Herausforderung. Jürgen Moltmann vermittelte Hoffnung und Mut und ermutigte zum furchtlosen Handeln. Dazu passt auch dieses Zitat, welchem ich kürzlich begegnet bin:

Friede mit Gott bedeutet Konflikt mit der Welt, denn das Ziel der verheissenen Zukunft sticht unweigerlich ins Fleisch jeder unerfüllten Gegenwart.

Jürgen Moltmann

1 Gedanke zu „Wer nicht Pazifist ist…“

  1. Ich denke ein übersehener Faktor für nachhaltigen Frieden ist eine gewaltfreie Kindheit. Der Friedensforscher Franz Jedlicka hat anhand internationaler Daten überprüft, dass Länder, in denen die Prügelstrafe noch erlaubt ist, weniger friedlich sind. Vielleiht haben wir übersehen, dass Religionen im Laufe der Geschichte die Körperstrafe immer wieder empfohlen haben – und sich auch aktuell nicht energisch genug dagegen stellen – obwohl es eine Resolution zum Kinderschutz von „Religions for peace“ gibt (Kyoto Konferenz 2006).

    Lasst uns das in Zukunft mitdenken!

    Schönen Sonntag, Alexander

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