Eine Stimme in der Wüste

Seit dem 7. Oktober, wo Hamas-Leute grausamste Angriffe verübten, welche einen horrenden Krieg auslösten mit bisher nahezu 25’000 Toten und völliger Zerstörung in Gaza, breitet sich in unseren Breitengaden eine Mischung von Entsetzen und Hilflosigkeit aus. Vielleicht ist die Stimme eines Pioniers und Mahners aus Israel hilfreich und wegweisend?

Uri Avnery, geboren 1923 als Helmut Ostermann in Westfalen, floh 1933 mit seiner Familie vor dem Hitlerrgime nach Palästina. Fünf Jahre später schloss er sich als 14-jähriger den Kämpfern gegen die britische Mandatsmacht an und wurde Mitglied der bewaffneten jüdisch-nationalistischen Gruppe Irgun. Er verlässt die Gruppe 1941 weil diese wie er sagt antiarabisch und antisozial ist. 1946 gründet Uri die Bewegung Eretz Yisrael Hatz’ira (Junges Land Israel) und wird Redaktor deren Zeitschrift Bama’avak. Nachdem er 1948 im israelisch-arabischen Krieg gekämpft hat, wird er 1949 Journalist bei der Tageszeitung Ha’aretz. Diese verlässt er 1950 weil seine journalistische Freiheit nicht gewährleistet ist. Als eingeweihter Pionier des Staates Israel und gut vernetzter, respektierter Journalist prangert Uri Avnery immer wieder die zerstörerische Gewalt an gegen arabische und palästinensische Dörfer und deren Bevölkerung. 1965 wird Uri Parlamentsabgeordneter in der Knesset. 1993 gründet er die Friedensbewegung Gush Shalom, welche sich einsetzt zugunsten der von der UNO und von Israel vorgesehenen Gründung des Staates Palästina. Das Motto von Gush Shalom lautete „Zwei Völker, zwei Staaten“. Uri setzte sich ein für Dialog und Menschenrechte unabhängig von Zugehörigkeit.

Bis zu seinem Tod im August 2018 (er war 94) erschienen wöchentlich Artikel in English und Hebräisch, in welchen er sich an die Gründerjahre erinnerte oder zu aktuellen Themen bzw. zum Tagesgeschehen Stellung nahm. Nicht selten nahm er auf Bezug auf biblische Figuren und Geschichten, um so das Tagesgeschehen in Perspktive zu rücken und zu kontextualisieren – das ganze nicht ohne Humor!

Mit dieser Ausgabe und in den kommenden Wochen werden auf dieser Website einige Artikel von Uri Avnery erscheinen. Seine Erinnerungen, Erfahrungen und Einschätzungen können uns Perspektive, Erleichterung und kritische Distanz zum Tagesgeschehen verschaffen – und vielleicht auch Hoffnung?

Ein herzlicher Dank dem Lebenshaus Schwäbische Alb – Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie e.V., welche die von Ingrid von Heiseler wunderbar übersetzten Artikel auf ihrer Website speichert.

WEF 2024: Schweigen und Beten in Davos

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Davos (AKiD) veranstaltet dies Jahr wieder eine Reihe „Schweigen und Beten für Gerechtigkeit und Frieden“.

Dieser Aktion wurde von der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz das Oecumenica Label verliehen. Dazu schreibt die AKiD:

Das Projekt „Schweigen und Beten für Gerechtigkeit und Frieden“ der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Davos AKiD führt seit 1999 jährlich während des Weltwirtschaftsforums (WEF) eine Gebetswoche durch. Unter
dem Titel „Gebetswoche für Gerechtigkeit und Frieden“ finden in der Kirche St. Johann in Davos Platz ökumenische Feiern statt. In der Stille und im Gebet wird dabei der Menschen gedacht, die unter den negativen Folgen rücksichtslosen Wirtschaftens leiden. Dazu kommt die Fürbitte für die Entscheidungsträger in Politik, Wirtschaft und Kirchen.

Die AKiD lässt sich dabei von den Worten Albert Schweizers leiten: „Beten verändert nicht die Welt. Aber es verändert die Menschen, und die Menschen ändern die Welt“. Die Gebetsfeiern sind ein Ort der Ruhe , Sammlung und Solidarität. Sie bilden einen Kontrapunkt zu den vielen Diskussionen und Absichtserklärungen des WEF. Hier wird Gott gebeten einzugreifen, zu helfen und Not zu lindern. Das Projekt soll zudem immer daran erinnern, dass Gerechtigkeit und gerechtes Handeln Merkmale des Reiches Gottes sind.

Klimakrise und Ökologie

Diese Themen sind zweifellos Teil der Gerechtigkeit und des Friedens. Wir alle wissen um die Dringlichkeit, unser individuelles und gesellschaftliches Verhalten zu verändern. Das Täuferische Forum für Frieden und Gerechtigkeit wird sich ab Anfang 2024 vermehrt und deutlicher den Themen um Klimakrise und Ökologie widmen. Verschiedene Personen aus Alttäufer- bzw. Mennonitengemeinden sind seit längerem mit diesen Themen beschäftigt. Die Gemeinde Courgenay engagiert sich seit Anfang 2023 im Rahmen des westschweizer Netzes EcoEglise. Marlène Eyer, welche dieses Engagement angeregt hatte, ist nach Gesprächen mit der Konferenz der Mennoniten der Schweiz (KMS) ans TFFG gelangt mit dem Anliegen, die Themen der Umwelt und der Klimakrise stärker in den Blick zu nehmen. Das TFFG sieht hier eine Gelegenheit zur Erweiterung seiner Arbeit und zur Erneuerung seiner Mitgliedschaft.

Wie dieser neue Schwerpunkt bearbeitet wird und er sich auswirkt auf dieser Website und in den Aktivitäten des TFFG wird sich ab dem Beginn des Jahres 2024 zeigen. Wer Interesse hat, darf sich gerne bei uns melden!

Die Waffen müssen schweigen!

Diese Website hat den Anspruch, Frieden und Gerechtigkeit in den Blick zu nehmen. Bisher haben wir hier zum schrecklichen Geschehen in Israel und Palästina nichts veröffentlicht. Das Töten seit dem 7. Oktober ist unaussprechlich, das Leiden unbeschreiblich. Zu viele Opfer haben diese Höllenmassaker bisher gefordert. Der Begriff Konflikt ist hier völlig unangemessen. Als Konflikt kann bezeichnet werden, was relativ zivil und menschlich ist. Das hier ist weder zivil noch menschlich. Einige sagen gar, nicht mal das Wort Krieg tauge jetzt noch. Doch das schlimmste Entsetzen liegt in der Natur des Kriegs. Krieg geht seiner Natur nach immer ins Extreme, unter völliger Verachtung jeder Menschlichkeit und jeder Zivilisation. So jedenfalls hat Clausewitz, der sogenannte Vater des modernen Kriegs den Krieg beschrieben. Krieg bleibt Krieg und er wird nie anständig und menschlich sein, welche Ziele er auch immer verfolgt.

Allein deshalb können wir für Krieg keine theologische Begründung und Rechtfertigung finden.

Unzählige Menschen und Einrichtungen, auch MCC und insbesondere die Christen im Nahen Osten, fordern nach wie vor einen Waffenstillstand. Weihnachtsfeiern im Heiligen Land sind abgesagt worden. Zugleich machen Bilder einer Weihnachtskrippe die Runde auf den Social Media, mit dem Christkind in Schutt gebettet und von Kerzen umgeben.

Wir unterstützen die Aufrufe, das Töten und die Zerstörung zu beenden. Der Aufruf zur Busse, welchen palästinenschische Christen aus der Region im Dezember in einem offenen Brief veröffentlichen, lässt uns aufhorchen.

Unten finden sich einige Links. Es handelt sich um Aufrufe der palästinenschischen Christen vom Oktober (deutsch) und Dezember (in English), sowie ein Link zum Brief an westliche TheologInnen und Kirchenleitungen, mit der Möglichkeit die Forderung eines Waffenstillstandes zu unterstützen.

Aufruf der Christen in Israel/Palästina, Oktober 2023:

https://www.kairos-palaestina.ch/images/pdf/Kairos_Palaestina_Erklaerung_zum_Gazakrieg_2023.pdf

Mehr Informationen und Dokumente gibt es unter Kairos Europa, link oben

Offener Brief an Kirchenleitungen und TheologInnen im Westen, Dezember 2023 (English bzw, französisch durch click auf français auf dieser Seite):

https://www.change.org/p/an-open-letter-from-palestinian-christians-to-western-church-leaders-and-theologians

ReligionNews bringt am 18. Dezember einen Artikel von Daoud Kuttab zum Thema der Weihnachtsfeiern:

https://religionnews.com/2023/12/18/christmas-celebrations-canceled-christians-in-the-holy-land-still-find-hope-in-the-season/

Perspektiven in düsteren Zeiten

In der Serie Das Buch meines Lebens auf Arte TV ist die Autorin Deborah Feldman zu Gast. Deborah Feldman wuchs in einer jüdisch-orthodoxen Gemeinschaft in den USA auf und lebt in Deutschland. Ihre Gedanken zu den tragischen Ereignissen im Nahen Osten sind überaus wichtig hilfreich:

„Wir sagen, wir wollen eine bessere Welt. Wir sind nicht bereit, an diese bessere Welt zu glauben. Wer an etwas nicht glaubt, sabotiert dieses Ziel automatisch“, sagt Deborah Feldman im Gespräch mit Jagoda Marinić und nimmt Bezug auf die jüngsten Entwicklungen, ausgelöst durch den gewaltsamen Überfall der Hamas auf die Zivilbevölkerung Israels.

Feldman’s Überlegungen erinnern mich an das Buch von Judith Butler „Gewaltlosigkeit“, wo sie darlegt, wie in unserer Welt manche Menschenleben „betrauerbar“ sind, andere nicht. Und: Glauben wir wirklich daran, dass es besser sein kann?

Hier der Link auf die Sendung, die 45 MInuten dauert. Ausserordentlich sehenswert!

https://www.arte.tv/de/videos/113639-002-A/das-buch-meines-lebens-mit-deborah-feldman/