Aufruf an die Kirchen in Frankreich

öAm 19. April 2021 hat Emmanuel Macron die Schaffung einer Kriegsschule (école de guerre) angekündigt. In Antwort darauf verfassten die frankophonen Mitglieder von Church & Peace einen Brief an die Kirchen in Frankreich, welcher die kriegerische Sprache als sehr problematisch bezeichnet und zu einer Änderung des Sprachgebrauchs hinsichtlich Gewalt und Krieg aufruft. Der Brief ist noch im Konsulationsprozess, wir werden ihn hier aufschalten sobald er publiziert wird.

Macron erweckt den Eindruck, dass da, wo es eine Krise gibt, Krieg herrscht und kriegerische Massnahmen ergriffen werden müssen. So verkündete er zu Beginn der Pandemie: Wir sind im Krieg. Das Problem des Sprachgebrauchs stellt sich auch in der deutschsprachigen Welt: Drogenkrieg, Bananenkrieg, Wirtschaftskrieg usw. Ein solcher Gebrauch des Begriffs Krieg ist nicht nur unsachgemäss, sondern auch gefährlich, denn er minimisiert die Wirklichkeit des Kriegs und ist ein Affront gegenüber den Opfern des wirklichen Krieges. Ein Krieg ist ein bewaffneter Konflikt und es ist absolut irreführend, einen Konflikt, welcher kompliziert und aggressiv wird, als Krieg zu bezeichnen. Das macht den Krieg auch akteptabel, was er ganz und gar nicht sein darf.

Wir tun gut daran, unsere Sprache und den Gebrauch der Begriffe Konflikt, Gewalt, Krieg, sorgfältig zu hinterfragen und so zu gestalten, dass die Eskalation gebremst wird und Verständigung gefördert. Kein Konflikt muss zwingend zu Gewalt führen. Wo aber Gewalt mal das Sagen hat, wird die Wahrheit und die Verständigung sofort und zunehmend schwieriger. Wer immer wieder von Krieg spricht, setzt auf die Dauer die Schwelle zum absolut zerstörerischen Krieg nachhaltig herunter.

Einladung zum Frühjahrstreffen am 26. Mai

Wir laden alle Interessierten ein zum Frühjahrstreffen, welches wir hier im März angekündigt haben. Es findet statt am

26. Mai um 18 Uhr an der Poststrasse 3a in Brügg

Vorgeschlagene Tagesordnung:

  1. Begrüssung
  2. Persönliche Runde, Besinnung
  3. Aktuelles
    1. Südkorea
    2. Abstimmungen: COVID-Gesetz, Abstimmungen vom 23.6.21
  4. Tagung am 19. Juni: wie, was?
  5. Organisation Intern: Prioritäten, Themen
    1. Weiterbildungen/Tagungen:
      1. Ilanzer Sommer: Friedenskultur, 7. – 14. August 2021
      2. Studientag Religionen und Politik, Bienenberg, 16. Oktober
  6. Diverses

Traum und Wirklichkeit

Die Covid-Pandemie könnte im Laufe dieses Jahres in unseren Breitengraden vorbei oder zumindest in die Schranken gewiesen sein. Das zumindest hoffen wir aufgrund der Aussicht, dass durch Impfung eines grossen Teils der Bevölkerung die Immunität genügend verbreitet sein wird und so unser Gesundheitssystem nicht länger bedroht sein wird. Das Virus wird bleiben, die Pandemie wird gebannt sein. – Vorausgesetzt es kommen nicht neue und virulentere Varianten, welche ansteckender, tödlicher und resistent sind.

Gewiss ist die Pandemie für die Gesellschaft ein Albtraum – und für viele Betroffene ist die durch Covid ausgelöste Krankheit ein absoluter Albtraum. – Wie werden wir als Gesellschaft aus diesem Traum erwachen? Wie wird es dann sein? Was werden wir gelernt haben?

David Graeber, US-amerikanischer Anthroploge, im Oktober 2020 mit 51 Jahren viel zu früh verstorben, schrieb kurz vor seinem Tod einen Essay, aus welchem das folgende Zitat stammt:

… Denn in Wirklichkeit war die Krise, die wir gerade erlebt haben, ein Aufwachen aus einem Traum, eine Konfrontation mit der tatsächlichen Realität des menschlichen Lebens. Sie besteht darin, dass wir eine Ansammlung zerbrechlicher Wesen sind, die füreinander sorgen, und dass diejenigen, die den Löwenanteil dieser Care-Arbeit leisten, die uns am Leben erhält, überfordert sind, unterbezahlt und täglich gedemütigt werden, und dass ein sehr großer Teil der Bevölkerung überhaupt nichts anderes tut, als Fantasien zu spinnen, Mieten zu kassieren und generell denen im Weg zu stehen, die Dinge herstellen, reparieren, bewegen und transportieren oder sich um die Bedürfnisse anderer Lebewesen kümmern. Es ist zwingend notwendig, dass wir nicht wieder in eine Realität abrutschen, in der all dies eine Art unerklärlichen Sinn ergibt, so wie es sinnlose Dinge so oft in Träumen tun.

Übersetzt aus David Graeber: After the pandemic, we can’t go back to sleep. (Nach der Pandemie können wir nicht wieder schlafen gehen). Jacobin, USA 3.4.2021 (https://www.jacobinmag.com/2021/03/david-graeber-posthumous-essay-pandemic)

Graeber sagt, dass wir uns vor der Pandemie in einer Art Traum befunden haben, der der Wirklichkeit unseres Menschseins (und der Natur) weder entspricht noch gerecht wird. Er schlägt vor, nach der Pandemie die Wirklichkeit unseres Menschseins und die damit verbundene gegenseitige Abhängigkeit ins Auge zu fassen. Das würde bedeuten, die wirklich notwendigen, unentbehrlichen und dem Gemeinwohl zugute kommenden Care-Arbeiten entsprechend zu respektieren und auch entsprechend zu entschädigen.

Die Tiefe und Tragweite dieses Ansatzes lassen die Diskussionen um Maske und Einschänkungen als Geplänkel erscheinen. Wir West-Europäer hatten uns daran gewohnt, uns als unverletzlich und in Sicherheit zu wähnen. – Abgesehen von unserem Euro-Zentrismus. Nun werden wir uns dieses Wahns gewahr und sind zutiefst verunsichert. Daraus könnte durchaus ein neues, echtes Wachsein erwachsen, eine Aufmerksamkeit für das, worauf es wirklich ankommt. Und auch ein entsprechendes Handeln.

Vom „Recht“ auf Entdeckung und Erschliessung

Das Schweizer Stimmvolk hat die Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 sehr knapp verworfen. Unser Interesse und unser Empfinden sind geschärft worden durch die Debatte rund um die Konzernverantwortungsinitiative. Uns allen ist klar, dass das Thema Verantwortung im Umgang mit Menschen, Bevölkerungen, Produktionsstätten und Lieferketten im globalen Süden nicht vom Tisch ist. In andern europäischen Ländern wird an Gesetzen und Regeln gearbeitet, welche hiesige Konzerne in die Verantwortung nehmen sollen.

In Deutschland ist das sogenannte Lieferkettengesetz in Arbeit. Da sind eine ganze Anzahl Hilfswerke und Entwicklungsorganisationen, sowie Gruppen im Bereich fairer Handel engagiert.

Im Februar 2021 haben sich ein paar Leute aus mennonitischen Kreisen in einer Online-Konferenz zusammengefunden, um der Doctrine of Discovery (DofD) auf den Nerv zu fühlen. Hierzulande weitgehend unbekannt, ist die DofD in Nordamerika seit einigen Jahren ein Thema, insbesondere wo es um Rohstoffausbeutung geht, wie z.B. Edelmettalle.

Der Sachverhalt ist relativ einfach: Westliche (europäische oder nordamerikanische) Unternehmen betreiben in Ländern Südamerikas, Asiens und Afrikas Einrichtungen, welche wichtige Roh- oder Edelstoffe abbauen und in Umlauf bringen. Sie beschaffen für die Bewohner der reichen Länder wertvolle wenn nicht unentbehrliche Materialien – und Wertschöpfung, sprich Geld. Wie es der Film Konzern-Report eindrücklich zeigt, geht dieser Vorgang nicht selten auf Kosten von Gesundheit und Wohlbefinden der lokalen Bevölkerung. Diese hat in der Regel wenig oder nichts zu sagen und wird vorgängig auch nicht gefragt. Ihr Einverständnis zum Rohstoffabbau geben die meisten Regierungen des Südens leicht, zumal ihnen im Gegenzug Vorteile oder Güter angeboten werden. Public Eye bereitet diese Sachverhalte in kompetenter Art und Weise in konkreten Fallstudien auf zur Bewusstmachung und Fürsprache.

Zurück zur Doctrine of Discovery: Der Grund, weshalb die „Lehre der Entdeckung“ in Nordamerika präsenter ist als in Europa, liegt in einem Entscheid des obersten Gerichtshofs der USA im Jahre 1823, der sog. Johnson vs. McIntosh Entscheid. Dieser bestätigt das Prinzip der Souveränität der USA über ihr gesamtes Territorium aufgrund des Rechts auf Entdeckung, welches europäische Einwanderer haben und welches dem dem Recht auf Besetzung des Landes durch indigene Bewohner übergeordnet ist. (siehe Story unten) In der Folge annullierten die USA sämtliche Urkunden von Grundstücken, welche im Besitz von Indigenen waren.

Die DofD ihrerseits wird auf eine Bulle aus dem Jahr 1455 von Papst Nikolaus V zurückgeführt. Dieser gab damit sein ausdrückliches Einverständnis zur Ausbeutung von indigenen Bevölkerungen und auch zur ihrer Versklavung. Diese päpstliche Bulle stellt gewissermassen das erste Gesetz internationalen Rechts dar. Sie öffnete der Kolonialisierung Tür und Tor. Die Europäer haben Amerika ab 1492 mit genau dieser als selbstverständlich geltenden Weltanschauung erobert und sich unterworfen. Die Doctrine of Discovery ist nicht nur die übernommene Lehre der Entdeckung, sondern die Selbstverständlichkeit der Unterwerfung und Aubeutung. Die Kolinialisierung wäre ohne diese Gangart nicht möglich gewesen.

Hinter dem Verhalten von europäischen und nordamerikanischen Konzernen im globale Süden steckt nicht bloss Gier, sondern der in Europa weit verbreitete und als gewissenmassen normal geltende Eurozentrismus, welcher davon ausgeht, dass es ihm wegen seiner (früher ethnisch-moralischen und heute historischen und wirtschaftlichen) Überlegenheit zusteht, ganze Gebiete irgenwo zu erschliessen und deren Rohstoffe zu gewinnen.

Ein Faktor in dieser Geschichte liegt auch in der Welt-Geschichtsschreibung, welche überwiegend aus europäischer Perspektive geleistet wurde, also aus der Perspektive der kolonialen Eroberer.

Die Geschichte der Löwenjagd wäre eine ganz andere, würde sie statt von Jägern, von Löwen geschrieben.

Afrikanisches Sprichwort

Nun gibt es in Nordamerika seit einigen Jahren eine Bewegung, welche sich zum Ziel gesetzt hat, die Doctrine of Discovery zu demontieren: Dismantling the Doctrine of Discovery. Dass eine solch tief sitzende und weit verbreitete Mentalität nicht über Nacht aus der Welt geschafft werden kann ist klar.

Im Jahre 2013 kam Sarah Augustine nach Europa, wo sie mit Jaap Schiere aus den Niederlanden Kontakt suchte mit kirchlichen und ökumenischen Stellen, um das Anliegen einer internationalen Vernetzung rund um die Demontage der Doctrine of Discovery zu verbreiten. Das online-Treffen verschiedener europäischer und nordamerikanischer Mennoniten im Februar 2021 geht in die gleiche Richtung und versucht, diese Anstrengungen mit denjenigen der Liefertettengesezte und der Konzernverantwortung in verschiednen Ländern zu verbinden- und sie unter Mennoniten bekannt zu machen.


Im Jahre 1773 kaufte Thomas Johnson vom indigenen Stamm Piankeshaw (Illinois) ein Stück Land. McIntosh erwarb irgendwann dasselbe Stück Land von der US-Regierung und bewohnte/bebaute es. Nun wollten die Nachfahren Johnsons McIntosh weg haben und zogen den Fall bis vors Bundesgericht. Dieses entschied, dass die Urkunde von Thomas ungültig sei. Begründung: Indigene können keine „absoluten“ Besitzansprüche geltend machen. In der Folge wurden sämtliche Besitzurkunden von Indigenene durch die Regierung der USA annuliert.

Weiterführende Links:

Brot für die Welt (Lieferkettengesetz in Deutschland)

Die Kirche und der Kolonialismus (eine kritische und detaillierte Auseinandersetzung, welche die Aussage, wonach die Kirche den Kolonialismus verschulde relativiert und als staatliches Projekt darstellt.)

Gebetswoche zur Covid-19-Pandemie

Die Mennonitische Weltkonferenz (MWK) ruft gemeinsam mit andern weltweiten ökumenischen EInrichtungen zu einer Gebetswoche zur Covid-19-Pandemie auf, vom 22. bis zum 27. März.

Die Woche soll eine Zeit des Gebets und des Nachdenkens sein, sowohl über die Klagen, die wir während dieses Jahres beispiellosen Leids erhoben haben, als auch über die Hoffnung, die wir gleichwohl nicht verloren haben. Es war aber auch ein Jahr, in dem die Kirchen völlig neue Wege in ihrer Zusammenarbeit gegangen sind, um ihre Gemeinschaften auf diese mentale, körperliche, ökonomische, spirituelle und ökologische Krise einzustellen, ihr zu begegnen und die Menschen durch diese schwere Zeit zu begleiten.

Die Gebetswoche wird gemeinsam mit den ÖRK-Mitgliedskirchen und den ökumenischen Partnern begangen und verwendet Gebete und spirituelle Materialien, die als Antwort auf die Pandemie erarbeitet wurden.

Materialien zur Gebetswoche